Es wird Zeit, dass wir, der Berufsverband professionell arbeitender Hundetrainer, mit sehr kompetenten und erfahrenen Mitgliedern, unsere Auffassung zum Thema ‚Arbeiten mit Angsthunden' klar stellen.
Vorab der Hinweis, dass wir professionellen Hundetrainer des BVZ Hundetrainer e.V., um die Unterscheidung von ‚Angst‘ und ‚Furcht‘ wissen, an dieser Stelle darauf aber nicht differenziert eingehen. In unserer Stellungnahme thematisieren wir die Angst. Eine gesunde und probate Emotion bei der Konfrontation mit Situationen, die aus der individuellen Perspektive, lebensbedrohlich scheinen.
Hundetraineralltag
In unserer täglichen Arbeit als Hundetrainer begegnen uns Hunde mit verschiedenen Ängsten. Überraschende Situationen im Alltag, eine neue Geräuschkulisse, unheimlich anmutende Dinge und Personen und all' das, was im Welpen- und Junghundealter nicht als unbedenklich oder alltäglich kennen gelernt wurde.
Unsere Aufgabe sehen wir in all' diesen Fällen, die jeweilige Situation zu erfassen, zu bewerten und den Hundehalter dabei zu unterstützen, dem Hund schnellstmöglich eine adäquate Hilfestellung anzubieten, diese Ängste zu überwinden.
Gelingt es stattdessen dem Hund die, mit Angst besetzte Situation fortwährend zu meiden, wird dieses Tun zu seiner selbst erarbeiteten Lösung. Besetzt mit wohltuenden und entspannenden Gefühlen. Ein guter und schlauer Weg, so lange man der Konfrontation mit dem 'Bösen' ein Leben lang problemlos aus dem Weg gehen kann.
In der Regel gelingt es uns nicht, unseren Lebensraum z.B. frei von Mülltonnen und Mülltüten zu gestalten, Menschen eine schrecklose Kleiderordnung aufzuzwingen, Treppen durch naturbelassene Wege zu ersetzen oder große und laute Verkehrsmittel von unseren Straßen zu entfernen. Zusammengefasst: Wer ohne Angst mit diesen Unwägbarkeiten leben möchte, muss sich den Situationen und Gegebenheiten stellen. So oder so.
Entscheidungen
Im Gegensatz zur Arbeit mit Menschen, die ihre Einwilligung zur Angstbewältigung geben müssen, entscheidet der Hundehalter, ob und wie mit dem Hund gearbeitet wird. Gemeinsam mit dem Hundetrainer kommt dieser überein, welche Schritte für seinen Hund angemessen und machbar sind, um ein Leben ohne Einschränkung leben zu können.
Je nach Schwere der Angst, gemessen an den körperlich sichtbaren Zeichen!, in Abstimmung mit den Anforderungen des Alltags, wird man zu der passenden Therapieform greifen.
Neben der ‚systematischen Desensibilisierung' und dem 'Habituationstraining' steht in der Arbeit mit Hunden auch das sogenannte ‚Flooding', die Reizüberflutung als Hilfestellung zur Verfügung.
Flooding - Reizüberflutung
Wir, die Mitglieder des BVZ-Hundetrainer e.V., bewerten die Arbeit mit Hunden im Bereich der Reizüberflutung grundsätzlich positiv. Bei guten Voraussetzungen von Hund und Halter ist die gemeinsame ‚Überwindung' hin zu einem positiven Erlebnis beider Seiten nicht selten ein beziehungsfördernder Schritt, der die Kompetenzen des Halters unterstreicht und dem Hund auf unkompliziertem Weg eine grundlegende Sicherheit schenkt.
Wir alle kennen Hunde, die das anfängliche Vermeiden von Treppen durch ein freudiges hoch- und runtersausen der Stufen ersetzt haben. Es braucht oftmals nur einen beherzten 'Schubs' durch einen vertrauten Menschen, damit Hunde das nötige Selbstvertrauen und die Sicherheit erlangen, um in kürzester Zeit ein angstfreies Leben führen zu können.
Wissenschaft
Wir stellen hiermit fest, dass es keinerlei wissenschaftliche Beweise von unserer Seite gibt, dass Flooding (die Reizüberflutung) Auswirkung auf die Psyche des Hundes hat!
Wir bewerten ausschliesslich die sichtbaren Ergebnisse unserer Arbeit. Dazu gehört die Vorgehensweise mit dem Hund, dessen Verhalten vor und während der Arbeit als auch, sein abschließendes Verhalten und Auftreten.
Wir stellen auch fest, dass keinerlei wissenschaftliche Arbeit existiert, die eine Bedenklichkeit von Flooding bei Hunden generell nachweist. Einzig im Bereich der Humanpsychologie liegen Studien vor, die sich mit der Wirkung von ‚Flooding' (Reizüberflutung) bei Menschen beschäftigen.
Fakten!
Reine Konfrontationstherapien, zu denen auch das Flooding gehört, sind in der Humantherapie heutzutage die wichtigste Einzelinterventionsform bei krankhafter Angst , da u.a. einmal erzielte Erfolge auch über lange Zeiträume stabil bleiben und Rückfälle selten sind. Dabei ist die Effektivität von Habituation und Flooding höher als z.B. die systematische Desensibilisierung (Bentz et al. 2009). Wie auch beim Menschen sollten beim Hund die Auswahl des jeweiligen Verfahrens vom individuellen Hund und seinem Halter abhängig gemacht werden.
(c) BVZ-Hundetrainer e.V., September 2019
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